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Pilz Kunst
Labor

Pilz-Kunst Labor

das in Kooperation mit dem Institut für Angewandte und Molekulare Mikrobiologie (Prof. Dr.-Ing. Vera Meyer, Lena Heber, Dr. Bertram Schmidt) und der MITKUNSTZENTRALE (Erik Göngrich, Valeria Fahrenkrog und Nora Wilhelm) seit 2021 entwickelt wird.

Wir nutzen die Pilze um die Reste der Reste aus dem Haus der Materialisierung zu verbinden und über weitere Nutzungskaskaden nachzudenken.

Gleichzeitig soll Wissen auf Augenhöhe generiert werden vom singulären Do it yourself zum Do it together von Student, Dozentin, Künstler, Wissenschaftlerin, Bürgerwissenschaftlerin oder Designer.

 

Jeden Mittwoch 16-18 Uhr ist das Pilz-Kunst-Labor in der MITKUNSTZENTRALE im Haus der Materialisierung geöffnet.

Aktuell entwickeln wir ein Myzel-Mobil mit dem die Gruppe Reste der Reste zu Workshops fährt um weiter über die Potentiale von Myzel zu informieren und Kultivierungstechniken zu vermitteln.

Download Link der Dokumentation "Untersuchung zur Kaskadennutzung verschiedener aus städtischen Abfallströmen gewonnener Substrate zur Herstellung von Myzelkomposit", zusammengestellt von Nora Wilhelm und Julie Teuber

Reste der Reste

Erik Göngrich, Nora Wilhelm, Lena Heber, Bertram Schmidt, Vera Meyer

 

Es ist wichtig, mit welchen Ideen man andere Ideen denkt.

Es ist wichtig, von welchem Ort man andere Orte denkt.

Es ist wichtig, mit welchen Geschichten man andere Geschichten denkt.

 

Pilzbasierte Materialien können nicht nur in akademischen oder industriellen Laboren beforscht, verstanden und weiterentwickelt werden, sondern auch unter DIY-Bedingungen. Um die Berliner DIY-Szene auf diesem Gebiet zu stärken, initiierten die Biotechnologin Vera Meyer sowie der Künstler Erik Göngrich und die Produktdesignerin Nora Wilhelm von der Berliner MITKUNSTZENTRALE im Herbst 2021 ein transdisziplinäres Lehr- und Forschungsprojekt, welches eine Brücke zwischen dem Labor des Fachgebiets Angewandte

und Molekulare Mikrobiologie an der TU Berlin und dem Haus der Materialisierung am Berliner Alexanderplatz schlagen sollte. Ziel war es, DIY-Begeisterte mit Studierenden verschiedener Berliner Studiengänge zusammenzuführen, um ein neues DIY-Pilzlabor an einem besonderen Ort in der Mitte Berlins aufzubauen.
 

Die MITKUNSTZENTRALE im Haus der Materialisierung besteht seit 2019 und versteht sich als eine Zentrale der skulpturalen Gemeingüter, hergestellt durch künstlerische Praktiken des Recyclings von Materialien, Geschichten und Ideen. Sie untersucht und entwickelt mit Partner_innen aus dem Haus der Materialisierung Materialkreisläufe für Rest- und Gebrauchtmaterialien, für Lebensmittel und Objekte. Holz-, Kunststoff-, Textil und

Metall-Werkstätten bieten öffentliche Kurse und Ausstellungen an und erproben in Sozial- und Bildungsprojekten Wege für eine nachhaltige und ressourcenschonende Lebensweise, um mit diesen Erfahrungen gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen.

Doch auch im Haus der Materialisierung fallen bei der Verwertung von Restmaterialien Abfälle an, die keiner Nutzung mehr zugeführt werden können. Diese „Reste der Reste“ wurden zum gemeinsamen pilzlichen Forschungsthema ernannt: Können Abfälle aus dem Haus der Materialisierung, etwa Bestandteile alter Möbel, aber auch Alttextilien oder Betonreste, doch noch als wertvolle Quelle für neue Materialien dienen?

Wenn ja, wie können diese Reste durch pilzlichen Stoffwechsel in neuartige pilzbasierte Materialien transformiert werden? Um diese Fragen zu beantworten, luden wir Studierende und Bürgerwissenschaftler_innen im Wintersemester 2021 /22 zu einem experimentellen Kurs ein. Ihre ersten Versuchsergebnisse liegen inzwischen vor. Sie zeigen: Pilze können nicht nur auf naturbelassenen land- und forstwirtschaftlichen Substraten wachsen, sondern auch auf verschiedenen Altmöbel-Materialien wie zerkleinertem Sperrholz oder ähnlichen holzbasierten Abfällen. Somit wird es vermutlich möglich sein, aus diesen Resten mithilfe der Pilze neue Verbundwerkstoffe herzustellen, um daraus beispielsweise wieder neue Möbel zu fertigen.

Der für alle Interessierten offene Kurs wurde im zweiwöchigen Rhythmus durchgeführt und begann mit Einführungskursen zur Pilzkultivierung in den Laborräumen des Fachgebiets Angewandte und Molekulare Mikrobiologie an der TU Berlin unter Anleitung von Lena Heber und Bertram Schmidt. Das erklärte Ziel Aller war es, die im Labor etablierten wissenschaftlichen Methoden und Protokolle für DIY-Bedingungen anzupassen, so dass die Kultivierung von Pilzen einfach in der MITKUNSTZENTRALE durchgeführt werden kann. Im dort längerfristig geplanten selbstständigen DIY-Pilzlabor soll schließlich verschwimmen, wer Student oder Dozentin, wer Künstler oder Wissenschaftlerin, wer Bürgerwissenschaftlerin oder Designer ist. Wissensgenerierung auf Augenhöhe soll hierbei allen Beteiligten helfen, gesellschaftlich, ressourcenökonomisch und politisch wirksam zu werden. Auch wenn diese Ziele noch entfernt erscheinen mögen, so werden sie dennoch mit kleinen Schritten erreicht werden: Zuerst werden Formen aus Holzresten gebaut.
Durch Versuchsreihen wird sodann herausgefunden, welche Reste sich als Substrate eignen und mit welchen Pilzen diese Formen befüllt werden können. Schließlich werden Skulpturen, funktionale Objekte und ganze Räume oder die zukünftigen Experimental-Häuser des Quartiers der Statistik gemeinschaftlich entwickelt werden. Nur wenige Meter von der MITKUNSTZENTRALE entfernt wurden holzabbauende Pilze an einem gefällten Baum gefunden, isoliert und im TU Labor in eine Reinkultur überführt. Ein weiterer, wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit, denn jetzt kann die MITKUNSTZENTRALE mit ihren eigenen Kulturen vom Zunderschwamm Fomes fomentarius und Austernpilz Pleurotus ostreatus arbeiten. Das Lehr- und Forschungsprojekt „Reste der Reste“ wird auch im Sommersemester 2022 und darüber hinaus weitergeführt werden, um Wissenschaft, bürger_innenschaftliches Engagement und Kunst noch stärker miteinander zu verbinden, um durch diesen wissenschaftlich-künstlerischen Austausch ideelle und materielle Verbindungen zu entwickeln und Kunst und Wissenschaft als gesellschaftlich und ästhetisch relevante Forschung gemeinsam zu praktizieren.

 

Zitiert aus:

Engage with Fungi, Herausgegeben von Vera Meyer und Sven Pfeiffer

Kostenloser Download (S.98–103 Bilder und Text Reste der Reste)

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